07.07.2014 Steuer-Selbstanzeige: Abwarten wird gefährlich und teuer!

Schon jetzt haben die Finanzämter viel zu tun. Schwarzgeld wird zuhauf nachgemeldet, um über die derzeit noch geltenden Regelungen zur Selbstanzeige den Weg in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden. Selbst Finanzämter, die früher selten mit diesem Thema konfrontiert worden sind, haben mittlerweile Zentralstellen eingerichtet, um der Arbeitsflut Herr zu werden. Dabei sind mittlerweile Verfahrensdauern von im Schnitt 3-9 Monaten keine Seltenheit mehr. Es müssen auch die Fahnder selber gar nicht mehr so viel unternehmen, um den Nachschub an Arbeit in Gang zu halten. Der stetige Ankauf von Daten-CDs aus dem Ausland, welches als Verfahren insbesondere von dem Finanzministerium des Landes NRW als probates Mittel angesehen wird, aber auch Zufallsfunde wie die am 20. Mai 2014 erfolgte Beschlagnahme eines Containers mit brisanten Finanzpapieren im Hamburger Freihafen, die Daten von Kunden der Züricher Coutts-Bank, einer Tochter der britischen Royal Bank of Scotland, über Geschäftsbeziehungen zu Investitionen in den Cayman-Islands enthalten, spielen den Fahndern in die Hände. Den Menschen wird zunehmend bewusst, dass ein sicheres Verstecken unversteuerter Vermögen oder Erträge im Ausland immer schwieriger möglich sein wird.

Automatischer Informationsaustausch: Jetzt auch Schweiz und Singapur

Das Bankgeheimnis fällt – auf Dauer auch fast weltweit. Die auf eine Initiative der Finanzminister und Notenbankchefs der G-20 Staaten zurückgehende Entwicklung eines gemeinsamen Automatischen Informationsaustausches (AIA) für den Bereich von Bank- und Finanzdaten nimmt zunehmend Gestalt an. Die OECD wurde mit der Entwicklung eines solchen „Common Reporting Standard“ beauftragt und hat zwischenzeitlich auch geliefert. Am 13. Februar 2014 wurden die ersten beiden Dokumente (Musterabkommen und Standard für eine gemeinsame Berichterstattung) von der OECD veröffentlicht. Dieser Standard wird vollständig sein, wenn das OECD-Fiskalkomitee die notwendigen technischen Lösungen sowie den dazugehörigen Kommentar verabschiedet hat. Ziel ist es, dass der OECD-Rat dem neuen Standard im Juli 2014 genehmigen soll und die G 20-Staaten diesen im September 2014 bestätigen sollen.

Der Schweizer Bundesrat hatte bereits mit einer Erklärung vom 14. Juni 2013 deutlich gemacht, dass er beabsichtigt, aktiv an der Entwicklung eines solchen globalen Standards für den automatischen Informationsaustausch mitzuwirken.

Die G5-Staaten (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien) haben sich darauf verständigt, den Standard schnellstmöglich untereinander zu vereinbaren und haben gleichzeitig andere Staaten dazu eingeladen, sich dieser „Frühanwender-Initiative“ anzuschließen. Dies haben bisher weitere 39 Staaten, unter anderem auch die Schweiz und Singapur, getan.

Parallel dazu treibt die EU den automatischen Informationsaustausch voran. Am 24. März 2014 hat sie die Verschärfung der Zinssteuer-Richtlinie verabschiedet, in der die Mitgliedsstaaten zu einem automatischen Informationsaustausch über Zinserträge im Inland gegenüber anderen EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden. Diese Richtlinie muss nun von allen Mitgliedsstaaten bis zum 1.1.2016 umgesetzt werden. Der automatische Informationsaustausch zwischen den Behörden wird dann ab dem 1.1.2017 flächendeckend funktionieren. Zinserträge, soweit sie in der EU anfallen, werden dann nicht mehr vor dem nationalen Fiskus verheimlicht werden können. Dies bedeutet aber auch, dass ab dem 1.1.2017 eine steuerliche Selbstanzeige jedenfalls in Bezug auf die Nachmeldung europäischer Zinserträge nicht mehr möglich sein wird. Mit den Zinserträgen wird dann darüber hinaus aber auch die entsprechende Kenntnis von Kontoverbindung im Ausland vermittelt. Hier droht dann über den Bereich der Zinserträge hinausgehende Entdeckung weiterer Vermögen und Erträge.

Betroffen vom Informationsaustausch auf der Basis der geänderten Richtlinie werden Gewinne aus Trusts und Stiftungen, bestimmte Finanzprodukte mit Kapitalgarantie (zum Beispiel Garantiezertifikate) aber auch Lebensversicherung sein, deren Erträge zu mindestens 40 % aus Zinsen bestehen. Bisher nicht weitergeleitet werden sollen Daten über Dividenden oder Kursgewinne aus Aktiengeschäften und Fonds mit mehrheitlich Aktien im Depot. Diese Lücke soll unter Verhandlung des von der OECD vorgestellten Common Reporting Standard (AIA) geschlossen werden. Wird dieser Standard wie vorgeschlagen umgesetzt, sollen nicht nur Banken, sondern auch andere Finanzinstitute wie Fondsgesellschaften und Versicherungen Daten liefern, die unter anderem Name, Kontonummer und Kontostand bis zum exakten Gewinn aller Finanzgeschäfte enthalten sollen.

Und diesbezüglich bröckelt die Front der Widerständler.

Die EU Staats-und Regierungschefs haben die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und San Marino aufgefordert, sich uneingeschränkt dem EU-Informationsaustausch anzuschließen und entsprechende Verhandlungen aufzunehmen. Die Schweiz hat sich, jedenfalls zur Führung von Verhandlungen diesbezüglich, längst bereiterklärt. Weltweit hat sich das als Steueroase geltende Singapur ebenfalls der Frühanwender-Initiative angeschlossen.

Selbstanzeige: verschärfte Regelungen ab 1.1.2015

Der Druck zur Legalisierung bisher nicht erklärter ausländischer Vermögen wächst nicht nur aufgrund der ab dem 1.1.2017 drohenden Entdeckung aufgrund von Umsetzungen des Automatischen Informationsaustauschverfahrens (AIA).
Die Finanzminister der deutschen Bundesländer haben auf ihrer Jahrestagung in Stralsund am 9. Mai 2014 unter anderem Eckpunkte zur Verschärfung einer steuerlichen Selbstanzeige beschlossen.

a) Nach der Beschlusslage soll die Strafverfolgungsverjährung durch Änderung des § 376 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) auch in Fällen einfacher Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre ausgedehnt werden.

Diese Ausdehnung hat massive Konsequenzen für den Inhalt und den Umfang einer Selbstanzeige, die manch einen schon zu der Auffassung gelangen lassen, dass damit die Möglichkeiten zur Einreichung einer Selbstanzeige de facto abgeschafft sind. Hintergrund ist, dass in der Selbstanzeige in Bezug auf die nachgemeldete Steuerart (beispielsweise Einkommensteuer) die Sachverhalte vollständig nacherklärt werden müssen. Bezüglich der nachgemeldete Steuerart dürfen keine Sachverhalte zurückgehalten werden, die eine Steuerhinterziehung darstellen können. Ist die Selbstanzeige diesbezüglich nicht vollständig, ist sie vollständig unwirksam und führt dazu, dass die Strafbefreiung nicht eintritt und vielmehr nur ein einlassungsgleiches Geständnisses des Steuerpflichtigen vorliegt, das im Strafverfahren ausgewertet wird. Da es derzeit schon schwer ist, von den Banken vernünftig aufbereitete Unterlagen für den derzeit gültigen 5-Jahreszeitraum zu erhalten, kann man sich vorstellen, wie viel schwieriger es sein wird, seine Darlegungspflichten hinsichtlich des dann geltenden 10-Jahreszeitraumes erfüllen zu können.

b) Die Selbstanzeige wird auch teurer. Sie soll künftig nur noch bei einem Hinterziehungsbetrag je Einzeltat von bis zu 25.000 € zuschlagsfrei möglich sein. Ist die Auswirkung einer einzelnen Tat größer, soll nur noch bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlages von der Strafverfolgung abgesehen werden.

Dieser Zuschlag gemäß § 398a AO soll wie folgt festgelegt werden:

  • Hinterziehungsvolumen je Tat zwischen 25.000 und 100.000 €, Zuschlag 10 %
  • Hinterziehungsvolumen je Tat zwischen 100.000 und 1.000.000 €, Zuschlag 15 %
  • Hinterziehungsvolumen je Tat größer 1.000.000,- €, Zuschlag 20 %

Ohne Zahlung dieser Zuschläge zusammen mit der Steuer wird künftig von einer Strafverfolgung nicht mehr abgesehen werden.

c) Nachveranlagungszinsen in Höhe von 6 % pro Jahr

Gemäß § 233a AO sind die nachgemeldeten Steuerschulden ohnehin für die letzten zehn Jahre mit einem Zinssatz von 6 % pro Jahr zu Gunsten des Fiskus zu verzinsen. Zukünftig wird die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen zusätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die strafbefreiende Selbstanzeige sein. Es wird mithin nicht mehr darauf ankommen, dass auch die errechnete Steuerschuld an sich sofort beglichen wird, sondern es müssen dann auch diese Zinsen und gegebenenfalls die Zuschläge umgehend geleistet werden, wenn man die Strafbefreiung oder das Absehen von der Strafverfolgung erreichen möchte.

Handeln Sie jetzt!

Angesichts des mit Sicherheit in den nächsten Jahren kommenden automatischen Informationsaustauschprozesses zwischen der Finanzwelt und den beteiligten Staaten ist es jedem, der bisher noch nicht dem Fiskus bekannt gegebene Vermögensbestandteile und Erträge im Ausland besitzt, anzuraten, diese noch in diesem Jahr in Form einer steuerlichen Selbstanzeige anzuzeigen, sofern er die Bedingungen zur Abgabe einer wirksamen Selbstanzeige einhalten kann.

Ab dem 1.1.2015 wird ein solches Vorhaben auf jeden Fall teurer und gefährlicher.

Der Fall Hoeneß sollte Sie dabei nicht davon abschrecken, den Weg zu Ihrem Berater zu suchen, denn der Weg für eine wirksame Selbstanzeige ist für die Mehrheit der Betroffenen noch immer eröffnet. Der Fall Hoeneß war ein sehr besonderer, dessen Bedingungen im Regelfall nicht auf die Mehrheit der Betroffenen zutrifft.

Ein Abwarten führt dabei dazu, dass Ihnen die Zeit wegläuft. Zur Vorbereitung der Selbstanzeige ist noch erhebliche Kommunikation mit den betroffenen Kreditinstituten notwendig. Bei diesen sind die entsprechenden Unterlagen anzufordern und zusammenzustellen. Ein Herantreten an die Banken erst im November oder Dezember dieses Jahres wird wahrscheinlich dazu führen, dass die Selbstanzeige nicht mehr fristgerecht bis zum 31. Dezember 2014 eingereicht werden kann.

Treten Sie daher so früh wie möglich in Kontakt mit Ihrem Berater. Auf keinen Fall sollten Sie den Weg alleine beschreiten, da ein Fehler in den Verfahren (siehe Hoeneß) die strafbefreiende Wirkung entfalten lassen kann.

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Christoph Schmitz-Schunken
Christoph Schmitz-Schunken
schmitz-schunken@steuerstrafrecht.pro

Christoph Schmitz-Schunken ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt Steuerrecht. Er arbeitet als Experte für Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht.