26.05.2015 Steuer-CD – strafbefreiende Selbstanzeige unwirksam

Seit dem spektakulären Steuerprozess gegen den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, ist die Selbstanzeige zu einem Teil der medialen Berichterstattung geworden. Minutiös wurde im Jahr 2013 die Chronologie des prominenten „Steuer-Sünders“ nachgezeichnet: Uli Hoeneß habe in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit seinen Beratern hektisch an der lückenlosen Dokumentation seines schweizerischen Depotkontos gearbeitet. Einige Medien berichteten aber bereits im Jahr 2012 über einen „Spitzenmann aus der Fußball-Bundesliga“, der „auf einem Depotkonto bei der Schweizer Privatbank Vontobel heimlich ein riesiges Vermögen von umgerechnet mehreren hundert Millionen Euro gebunkert haben soll“ (Quelle: stern.de).

Selbstanzeige aufgrund zu erwartender Aufdeckung unwirksam

Was sich zwischen dem ersten Verdacht und der tatsächlichen Selbstanzeige genau abgespielt hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Wenn Uli Hoeneß erst aufgrund der zu erwartenden Aufdeckung seitens der Behörden in Sachen Selbstanzeige tätig geworden ist (was er bestreitet), wäre diese – laut eines Urteils des Amtsgerichts Kiel(27.11.14, 48 Ls545 Js46477/13 (1/14))in jedem Fall ungültig. Das gleiche soll übrigens beim Ankauf eines Datenträgers mit den Kontodaten deutscher Staatsbürger gelten: die durch Medienberichte erlangte „allgemeine Kenntnis“ des Ankaufs von Steuer-CDs durch deutsche Behörden mache eine Selbstanzeige unwirksam; dies jedenfalls vertreten vehement deutsche Strafverfolgungsbehörden. Im Falle des Amtsgericht Kiel wird die Tatendeckung nach §371 Abs. 2 Nr. 2 AO demnach restriktiv und zuungunsten des Täters ausgelegt.

Im Zweifel für den Angeklagten?

Allerdings widerspricht diese Herangehensweise dem Grundsatz „in dubio pro reo“ und ist damit in ihrer restriktiven Rechtsauslegung alles andere als überzeugend. Dass bereits die unspezifische Kenntnis vom Ankauf einer CD genügen soll, um die Rechtmäßigkeit einer Selbstanzeige auszuschließen, ist angesichts vieler Eventualitäten eher zweifelhaft. Selbst wenn der Ankauf einer Steuer-CD durch deutsche Behörden ein Teil der medialen Berichterstattung werden sollte, ist dadurch noch nicht geklärt, um wie viele Datensätze und Kunden es sich in einem konkreten Fall handelt. Auch ist zumeist nicht klar, wie weit die Auswertung seitens der Behörden zum Zeitpunkt der Berichterstattung fortgeschritten ist.

Aber: Nur wenn ein potentieller Steuersünder verlässlich beurteilen kann, dass sich genau seine Daten auf der CD befinden, darf ein Rechnen müssen mit der Tatentdeckung angenommen werden.

Der Argumentationslinie des Amtsgerichts Kiel folgend würde dies bedeuten, dass eine Steuer-CD, die aus einem Land angekauft wurde, in der der Steuerpflichtige seine unversteuerten Kapitalerträge gelagert hat, bereits ein stichhaltiger Grund für die Tatentdeckung wäre. Und wenn es sich dann auch noch konkret um genau die Bank handeln sollte, bei der die Einkünfte entstanden sind, erhöhe sich dadurch die Möglichkeit um einen weiteren Faktor.

Angesichts der vielen Fragezeichen, die trotz aller möglichen Beweise in dieser Kette zurückbleiben, muss meines Erachtens immer im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden.

Christoph Schmitz-Schunken
Christoph Schmitz-Schunken
schmitz-schunken@steuerstrafrecht.pro

Christoph Schmitz-Schunken ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt Steuerrecht. Er arbeitet als Experte für Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht.